NRW-Klasse I 2013/14: Elberfelder SG – Oberhausener SV

Marcel Becker

Der Bann ist endlich gebrochen! Nachdem wir in den letzten Runden einige Male deutlich unter den Möglichkeiten geblieben waren und so in ernste Abstiegsgefahr gerieten, haben wir es nun geschafft uns mit einem 5:3 gegen die Elberfelder Schachgemeinschaft aus dem Sumpf zu ziehen. Dabei verlief der Prolog zum Kampf ein wenig holprig. Andreas Voge und ich fuhren – diesmal als einzige – vom üblichen Treffpunkt am Oberhausener Bahnhof ab. Mangels Navigationsgerät hatte Andreas sich eine per Routenplaner erstellte Wegbeschreibung ausgedruckt, die uns auch den grössten Teil der Wegstrecke zuverlässig leitete. Als es aber daran ging die richtige Ausfahrt bei Wuppertal-Elberfeld zu nehmen, entschieden wir uns dafür zu früh abzubiegen. Glücklicherweise waren wir aber nicht zu weit vom Weg abgekommen und wir schafften es den Weg zum Elberfelder Bahnhof zu finden, von wo aus wir dann ein Taxi zum Spiellokal nehmen. Mit der etwas irritierenden Nebenerkenntnis, daß wir eigentlich schon nah am Ziel gewesen waren und nur mit dem Auto einer bestimmten Strasse schnurgerade hätten folgen müssen. Aber wenn man es nicht weiß und schon leicht in Zeitnot ist…

Der Mannschaftskampf fand in der ersten Etage des Vereinsheims der Elberfelder SG statt. Wir traten komplett mit den „Brettern 1 – 8“ an, unsere Gegner waren leicht ersatzgeschwächt und spielten mit ihrem „Brett 1“, den „Brettern 3 – 7“ sowie zwei Ersatzleuten.

Den chronologischen Kampfverlauf bekomme ich leider nicht mehr rekonstruiert, deshalb beschränke ich mich darauf den Verlauf der Partien so wahrheitsgemäß wie möglich wiederzugeben:

An Brett 1 versuchte Vlastimil Hort mit den weißen Steinen seinen Gegner, Reiner Odendahl, zu überraschen und griff im Sizilianer zu 2.b3. Dies trug aber wohl in der Eröffnung selber noch keine Früchte, Schwarz schaffte recht mühelos den Ausgleich. Später im Mittelspiel sollen sich wohl an zwei Stellen Chancen auf Vorteil für unser Spitzenbrett ergeben haben, letzten Endes aber schlug die Zeitnot zu Buche. In unklarer Lage, bei der Schwarz eventuell schon die Nase vorn hatte, einigten sich die beiden Spieler auf ein Unentschieden.

An Brett 2 spielte der Berichterstatter, Marcel Becker, mit Schwarz gegen Helge Hintze. Aufs Brett kam, wie auch bei unserer vorigen Begegnung, die klassische slawische Hauptvariante mit 4…dxc4. Diesmal ließ mein Gegner sich aber nicht auf 5.a4 ein, sondern griff zu dem etwas weniger beliebten, aber nicht ungefährlichen, 5.e3. Weil meine Theoriekenntnisse mich etwas im Stich liessen, spielte ich etwas ungenau, konnte aber dank guter Verteidigung eine zumindest akzeptable Stellung erreichen. So kamen wir in ein Endspiel, in dem ich sogar über einen Mehrbauern verfügte, für den Weiß aber zumindest vollwertige Kompensation hatte, zumal der Mehrbauer ein Wackelkandidat war. Ab hier aber unterliefen meinem Gegner Ungenauigkeiten, so daß sich seine Kompensation verflüchtigte und er sich zudem noch mit Zeitnot plagen musste. Später, nach der Zeitnotphase, tauschten sich sämtliche Schwerfiguren ab, so daß neben je drei Bauern pro Seite auf dem Königsflügel und einem (blockierten!) schwarzen Freibauern auf a7 noch zwei schwarze Springer sowie ein weißer Springer (Blockadefigur!) und ein weißfeldriger weißer Läufer übrig blieben. Mein Gegner verteidigte sich zäh und letzten Endes erfolgreich, so daß mir nur der Friedensschluss blieb, womit dann auch der Mannschaftskampf als Ganzes endete.

An Brett 3 spielte Jürgen Kaufeld mit Weiß gegen Gerd Kurr und die Carokann-Verteidigung. Wie gewohnt griff er zum Shortaufbau (4.Sf3 + 5.Le2) in der Vorstossvariante. Sein Gegner baute sich am Anfang etwas passiv auf, indem er seine Springer nach d7 und e7 stellte (den Sb8 früh nach d7 zu stellen beraubt Schwarz einiger aktiver Möglichkeiten), um dann unmittelbar im Anschluß mit …c5 die Stellung offener zu gestalten. Dies passte nicht gut zusammen, so daß Jürgen sich Entwicklungsvorsprung und Läuferpaar krallen konnte. Zum schwarzen Unglück gesellte sich noch ein in der Mitte festhängender schwarzer König, was unseren Spieler zu einem wahrscheinlich etwas zu optimistischen Läuferopfer auf d5 veranlasste. Was akademisch nicht korrekt gewesen sein mag, ging in der Praxis gut auf. In wachsender Zeitnot wurde sein Gegner dem weißen Angriff nicht Herr und musste sich geschlagen geben.

An Brett 4 bekam Aleksej Litwak als Schwarzspieler von seinem Kontrahenten Frank Noetzel (der zugleich 2. Vorsitzender der Elberfelder SG ist) einen geschlossenen Sizilianer vorgesetzt, der mit 1.e4 c5 2.Sc3 a6!? 3.g3!? b5 begann und später in einem Mittelspiel mündete, welches frappierend an Stellungen aus dem Königsindischen Angriff erinnerte. Selbiges tat auch der weitere Kampfverlauf. Schwarz bekam Angriff am Damenflügel, aber Weiß konnte im Zentrum und am Königsflügel (potentiell gefährlichere) Verwicklungen einleiten. Dies brachte Aleksej in Zeitnot. Hier spiegelte sich in gewisser Weise wieder, was in der Partie an Brett 3 Sache war – bei bester Verteidigung hätte Schwarz besser gestanden, in der Praxis schlug der weiße Angriff todbringend durch.

An Brett 5 trat Ciornei Dragos mit Weiß gegen das Elberfelder Nachwuchstalent Kornel Maj an. Natürlich musste es die schärfste Hauptvariante mit sizilianischen Drachen werden (für weniger Eröffnungskundige der Anfangsverlauf: 1.e4 c5 2.Sf3 d6 3.d4 cxd4 4.Sxd4 Sf6 5.Sc3 g6 6.Le3 Lg7 7.f3 0-0 8.Dd2 Sc6 9.Lc4 Ld7 10.0-0-0). Hier griff Schwarz zu 10…Tb8 und behielt damit vorerst auch recht. Zum einen verbrauchte unser Spieler eine Menge Bedenkzeit, zum anderen gewann Schwarz wohl auch das eröffnungstheoretische Duell. Dragos merkte dies und fühlte sich folglich auch unwohl. Das hinderte ihn aber nicht daran strategiegemäß den gegnerischen König zu attackieren und siehe da, das Blatt wendete sich zu unseren Gunsten. Schwarz versäumte eine gute Möglichkeit den gegnerischen Angriff zum Erliegen zu bringen, sein eigener Angriff geriet ins Stocken und der Angriff unseres Mannes wurde immer stärker. Am Ende wusste Schwarz sich nicht mehr zu helfen und gab auf.

An Brett 6 lief es durchgehend rund für uns. Claus Nissen überraschte als Schwarzspieler seinen Gegner, Heiko Kesseler, mit der laut eigener Aussage frisch und im Crashkurs erlernten Pircverteidigung. Das Konzept ging voll auf. Durch Ungenauigkeiten auf weißer Seite bekam Schwarz früh die Initiative und gewann früh nach der Eröffnungsphase durch ein Lauferopfer auf h3 einen Bauern, weil Weiß zur Abwehr des Matts einen Springer auf f5 zurückopfern musste. Dadurch aber öffnete sich die g-Linie, so daß der schwarze Königsangriff immer noch mächtig Fahrt aufnehmen konnte. Auch hier gesellte sich einmal mehr Zeitnot auf Seiten des Verteidigers dazu, was zum Zusammenbruch der weißen Gegenwehr führte.

An Brett 7 fand die am frühesten beendete Partie statt, was aber in keinem Zusammenhang zum Kampfeswillen der Akteure stand. Die weißen Steine wurden von Andreas Söhnchen geführt, die schwarzen Steine von Thomas Fuchs. Als Eröffnung wurde der klassische Königsinder gewählt (mit 5.Sf3 und 6.Le2), Schwarz entschied sich nach 6…e5 7.0-0 gegen die messerscharfe Hauptvariante mit 7…Sc6 und wählte lieber das ebenfalls recht beliebte, zudem aber vergleichsweise solidere 7…Sa6, kombiniert mit frühem …exd4. Im Mittelspiel stellte der Schwarzspieler dann einen Bauern ein, wofür er aber in Form des Läuferpaares Kompensation bekam. Weil Andreas dieser Umstand etwas zu mulmig wurde, erzwang er durch eine Abwicklung mit vielen Abtäuschen zum Inhalt eine Stellung, die keiner von beiden seriös auf Gewinn spielen konnte.

An Brett 8 trat Andreas Voge mit Schwarz gegen Thomas Kley an. Weiß griff auch hier, wie der Elberfelder Spieler an Brett 4, zum geschlossenen Sizilianer. Allerdings antwortete Andreas nicht mit 2…a6, sondern entschied sich für die Hauptvariante. Die ersten Züge waren folgendermaßen (für die exakte Reihenfolge verbürge ich mich nicht): 1.e4 c5 2.Sc3 Sc6 3.g3 g6 4.Lg2 Lg7 5.d3 d6 6.f4 e6 7.Sf3 Sge7 8.0-0 0-0. Andreas‘ Gegner war nicht nach langwieriger Vorbereitung des eigenen Angriffs und so griff er nach 9.Le3 Sd4 zum zweischneidigen Bauernopfer 10.e5!?. Andreas erwies sich auf der Höhe des Geschehens, schnappte sich den Bauern und neutralisierte die gegnerische Kompensation. Leider verlor er diesen Mehrbauern später durch ein Versehen, so daß nur ein Remis heraussprang.

Insgesamt stand am Ende einer längeren Durststrecke ein 5-3-Erfolg für uns, mit dem einige, mich eingeschlossen, schon nicht mehr gerechnet hatten. So können wir dem weiteren Kampf gegen den Abstieg mit großer Gelassenheit begegnen, da nur noch 1 Mannschaftspunkt aus 2 Kämpfen nötig ist und diese gegen die beiden Schlusslichter in der Tabelle stattfinden. Dies lässt die Aufgabe sehr machbar erscheinen.

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